Nawalny wird 2 Jahre und 8 Monate im Gefängnis sitzen

Nawalny im Gericht. Bild: Moscow City Court Press Service

Es ist ein politisches Urteil, der Oppositionspolitiker, der gerne provoziert, und seine Anhänger sollen eingeschüchtert werden. Aber das gibt es auch in Europa, wenn man nur an Nawalny und die katalanischen Politiker denkt.

Man kann es nicht abstreiten, ähnlich wie im Fall Assange oder im Fall der zu Gefängnisstrafen verurteilten katalanischen Politiker, ist das Urteil des Moskauer Gerichts politisch motiviert. Das zeigte sich auch daran, dass der Vorsitzende Richter, der eigentlich den Antrag der Bundesgefängnisbehörde (FSIN) verhandeln sollte, am Tag zuvor seinen Rücktritt erklärt hatte. Vor dem Gericht protestierten Anhänger Nawalnys. Angeblich wurden 370 Personen festgenommen.

Im Gericht hielt Nawalny – was etwa Assange verwehrt wird – eine längere Rede, in der er Putin und sein Regime anklagte. Es sei der „Mann im Bunker“, also Putin, mit seinem Hass und seiner Angst. Er werde von Putin persönlich verfolgt, die Gefängnisstrafe sei eine Folge dessen, dass er ihn „tödlich durch sein Überleben verletzte“.  Er habe bewiesen, dass Putin den Geheimdienst FSB beauftragt hatte, ihn zu ermorden: „Und das bringt den stehlenden kleinen Mann in seinem Bunker außer Fassung. Er wird in der Folge einfach verrückt.“ Er kümmere sich nicht um Geldpolitik, sondern nur um das Entwenden von Unterhosen von Politikern, um diese mit Gift zu bestreichen. Er werde eingesperrt, um Millionen von Menschen einzuschüchtern (hat man schon mal etwas von ihm zu Assange gehört, der aus ähnlichem Grund, aber lediglich aufgrund des Verstoßes von Kautionsauflagen jahrelang in einer Botschaft und jetzt in einem Hochsicherheitsgefängnis in Isolationshaft leben muss?).

Das ist Nawalnys Stil, sich als direkten Gegner von Putin zu inszenieren und seinen Fall als persönlichen Konflikt zwischen den beiden Männern darzustellen, was er noch durch Beleidigungen zu eskalieren sucht. E ist eine theatralische und populistische Hollywood-Strategie, die offenbar nicht nur in Russland bei Anhängern, sondern auch in der westlichen Politik ankommt, wo der populistisch agierende, politisch diffus positionierte Nawalny als der wichtigste Oppositionspolitiker gegen Putin gilt. Natürlich wird Nawalny – ähnlich wie man dies mit Guaido in Venezuela versucht hatte – damit politisch instrumentalisiert, um Interessen durchzusetzen. Es ist eine Ironie, dass ausgerechnet die USA und Großbritannien, die Assange mit allen möglichen miesen Tricks verfolgen und er nach Angaben des UN-Sonderbeauftragten für Folter auch einer psychischen Folter unterzogen wird, als erste gegen das Urteil protestierten.

Einschüchternde Polizeipräsenz in Moskau

Der FSIN hatte einen Tag vor Ablauf der 2014 im Fall Yves Roche verhängten Bewährungsfrist beantragt, die Bewährungsstrafe wegen der Verletzung der Auflagen, sich persönlich einzufinden, in eine Gefängnisstrafe umzuwandeln. Das geschah, nachdem Nawalny kundgetan hatte, nach Russland zurückzukehren. Die russische Behörde bezog sich u.a. auf einen Bericht der Charité-Ärzte  vom 22.12., nachdem Nawalny 55 Tage nach seiner Einlieferung in die Charité „fast vollständig“ genesen sei. Er hätte also nach der FSIN schon vorher nach Russland kommen können, um bei der Polizei vorzusprechen. Schon zweimal hatte die FSIN vor dem mutmaßlichen Giftanschlag beantragt, die Bewährungs- in eine Haftstrafe umzuwandeln, was aber von den Gerichten abgelehnt wurde. 60 Mal habe er schon vor dem Anschlag versäumt, sich zu melden.

Das Gericht gab dem Antrag der FSIN dieses Mal statt. Die 10 Monate, die er während der Ermittlungen unter Hausarrest stand, wurden von den drei Jahren und sechs Monaten abgezogen. Folglich muss er zwei Jahre und acht Monate im Gefängnis verbringen. Und er muss mit weiteren Gefängnisstrafen rechnen, weil gegen ihn wegen der Verleumdung eines Veteranen (bis zu zwei Jahre) und der Unterschlagung von Spendengeldern in Höhe von 356 Millionen Rubel für persönliche Zwecke ermittelt wird (bis zu 10 Jahre).

Das Urteil, das nun in eine Gefängnisstrafe umgewandelt wurde, hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beanstandet. Der Hausarrest sei illegal gewesen, Russland musste von den geforderten 100.000 Euro 20.000 als Schadensersatz an Nawalny zahlen. Die Verurteilung wegen Betrug im Jahr 2014, weswegen Nawalny nun ins Gefängnis muss, wurde 2017 vom EGMR als willkürlich und unfair zurückgewiesen. Nawalny und sein Bruder seien wegen eines Vorgangs der Geldwäsche und Betrug verurteilt worden, der bei der Begehung noch nicht verboten war. Zudem sei anzunehmen, dass damit ein Regierungskritiker zum Schweigen gebracht und weitere politische Aktivitäten verhindert werden sollten. Russland wurde verurteilt, an Nawalny 10.000 als Schadensersatz und 45.000 Euro für entstandene Kosten und Aufwendungen zu zahlen.

Die Anwälte Nawalnys wollen Einspruch erheben und sich wieder an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden.

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