Cannabis-Legalisierung und die Schattenseite der Verbotspolitik

Wie lange will sich die Gesellschaft noch den Milliarden verschwendenden Status quo leisten? Selbst Vertreter aus Polizei und Justiz zweifeln am Sinn der Verbote.

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6 Kommentare

  1. Vor allem sollte man sich langsam mal einig werden was man eigendlich will, und was man bezweckt.
    Auf der einen Seite will man den Konsum der traditionellen und billigen Volksdrogen Nikotin und Alkohol einschränken, auf der Anderen die Droge Canabis legalisieren…

  2. Seit über fünfzig Jahren https://de.m.wikipedia.org/wiki/War_on_Drugs vielleicht ist der Ewigekrieg, ein zu großes Geschäft und Systemrelevant um einfach aufgeben zu werden. Beispielsweise die Gefängnisindustrie in den USA die immer neuen Nachschub an Häftlingen braucht.

    Immerhin Neil Woods ist ein neuer Sisyphos mit späten Erkenntnis Gewinn.

  3. Nun, ob es kein Beispiel für gelungene Prohibition gibt, ist nicht so leicht zu beantworten. Funktioniert das religiös begründete Verbot von Alkohol in islamischen Ländern nicht doch? Oder besorgen sich da auch Millionen den für sie verbotenen Stoff?

    In der Frage des Verbotes selbst, halte ich mich eher zurück. Ich bin erst mal kein Betroffener. Aber einen Punkt, den der Autor angesprochen hat, finde ich so abgedreht, dass ich beim ersten Mal, als ich etwas las, an einen Fehler glaubte. Dass ist der Einwand gegen eine Amnestie für bestrafte Täter und die Einstellung von Verfahren gegen ermittelte Beschuldigte, weil es sonst so viel Arbeit macht, das durchzuführen Man wünscht also, ich nehme jetzt mal den schlimmsten Fall, dass Menschen in Haft für etwas bleiben, für das Andere, die sich später genau so verhielten, nicht behelligt werden? Und warum das, was erkennbar ungerecht ist? Weil es sonst soviel Arbeit macht?
    Ich gebe zu, dass ich gelegentlich doch noch zu verblüffen bin. Eine Justiz, die gegen die Gerechtigkeit ist, scheint mir arg daneben Die könnten dazu übergehen, Strafprozesse durch Gottesurteile, statt durch aufwendige Ermittlungen zur Entscheidung zu bringen. Klar, das führt nicht zur Gerechtigkeit, macht aber viel weniger Arbeit.

  4. Diese Vehemenz, mit der konservative Politiker am Verbot einer Pflanze festhalten wollen, sollte nicht nur Cannabiskonsumenten wundern.

    Sollte sie wirklich? Es ist doch ein ziemlich normaler Prozess in einer Gesellschaft, deren Mehrheitsströmungen – und insbesondere die in ihrem Parlament repräsentierten Gruppen – eine ausgesprochene Abneigung gegen Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit und körperliche Autonomie haben. Deutschland ist schlicht ein strukturell autoritäres Land mit vielen Blockwarten unterschiedlichster Couleur. Das fing nicht erst mit den Pandemiemaßnahmen an, da haben das allenfalls etwas größere Kreise gemerkt. Zuvor gab es bereits u.a. den Ukas zur Erlaubnis männlicher Genitalverstümmelung (vulgo: Beschneidung), die Hatz auf AIDS-Kranke in den 1980ern inklusive Zwangstestung et cetera pp.

    Im Grunde ist das Ganze ein Ausdruck von Unsicherheit und Algophobie. Zum einen haben wir hier systemische Prozesse vorliegen, wie die mit den kapitalistischen Landnahmen und der Kapitalmaximierung der letzten Jahrzehnte einhergehende tiefgreifende gesellschaftliche Entsicherung. Wirtschaftliche Instabilität, Sozialstaatsabbau, gezielte Schaffung politischer Unsicherheit et cetera lassen etliche Menschen nach klaren moralischen Richtlinien Werten, nach Orientierung und Schutz streben. Alles bricht zusammen, erodiert, kein Halt ist mehr vorhanden? Da kann das Verfolgen und Predigen einer reinen und guten Lebensweise als gute Möglichkeit zum persönlichen Gewinn von Sicherheit (gerne auf Kosten der Freiheit anderer) erscheinen. Für die einen hat es in der „guten alten Zeit“ schlicht keine Drogenkonsumenten, Nutten, Ungeimpften und sonstige Asoziale gegeben und wenn dann wurden sie flugs mit der grünen Minna in Dachau abgeliefert. Wenn sich jetzt bloß alle „am Riemen rissen“ oder – zu ihrem Besten – „an die Kandare genommen“ würden, ginge es „uns“ allen besser. Für die anderen wird die Gesellschaft besser und sicherer, wenn wir nur alle Nutten „retten“, alle Fleischgriller zwingen ihren Konsum auf den Sonntagsbraten zu beschränken (und sie somit auch „retten“) und alle bösen Meinungen und Kinderbücher unwürdiger Autoren (Stichwort: Preußler) entfernen (und so viele Kinderseelen „retten“). Letztlich kennzeichnet das Verhalten beider Gruppen die Züge eines Religionssurrogats. Nach dem Absterben der klassischen Religion nicht weiter überraschend.

    Zum anderen ist die Angst vor Schmerzen – wie schon Nietzsche und andere wussten – eine Signatur der Moderne. Die Opiodkrise ist auf ihre Weise nur ein Symptom des zugrundeliegenden Prozesses. Und im Gegensatz zu einer verbreiteten Annahme, schwindet die reale Fähigkeit zum Ertragen anderer Meinungen und Lebensweisen ganz gehörig. Menschen, die Angst vor Schmerz haben und nicht lernten, damit umzugehen, neigen nämlich dazu sich von allem fernzuhalten, was Unbehagen verursachen könnte – sei es körperlicher Schmerz oder emotionaler (bspw. Stress). Und was kann alles Letzteren auslösen? Na beispielsweise Meinungen und Handlungen anderer, die von den eigenen abweichen. Menschen, die nicht gelernt haben, mit Schmerz umzugehen, neigen oft auch dazu, sich in ihrem eigenen Weltbild zu versteifen und andere Meinungen als bedrohlich und eben schmerzhaft zu empfinden (Grüße an die „Generation Woke“ gehen raus). Dies führt oft zu einem starken Bedürfnis nach Kontrolle und Konformität: Schmerz ist unerträglich. Andere Meinungen sind schmerzhaft, also auch unerträglich. Ergo sind sie zu vermeiden und müssen weggeblendet oder – noch besser – gleich ihre Quelle lahmgelegt werden. Das heißt: die Fleischgriller, Querdenker, Ungeimpften, RT-Beiträge und Nutten müssen weg. Insbesondere wenn es sich um Fleisch grillende, ungeimpfte Querdenker-Nutten handelt, die RT-Beiträge teilen.

    (Neo-)Puritanismus bietet schlicht klare Regeln und Strukturen, um Schmerz und Unbehagen zu vermeiden. Halte dich von Verlockungen und Sünden fern, übe dich in Selbstdisziplin und Tugend! Und wenn alle diesem Pfad folgen, wird die Gesellschaft rein und harmonisch sein!

    liberalen Rechtsstaat

    Definiere „liberal“, definiere „Rechtsstaat“. Jaja, andere Diskussion. Aber auch das sollte immer wieder erwähnt werden.

    Das Freiheitsargument wurde bei all der Panik über Gesundheit beinahe vergessen.

    Ja, aber auch das ist ja nichts Neues in diesem Land. Für wen gilt denn hierzulande die „Freiheit“? Und was ist das für eine Freiheit? Freiheit zum Konsum? Freiheit zum Reisen? Freiheit zum Ausbeuten? Ist ja wunderbar, wenn man Geld fürs Konsumieren und Reisen hat oder es zum Ausbeuter gebracht hat. Freiheit zum Meinungen äußern, Freiheit über seinen Körper selbst zu bestimmen oder Freiheit von Not sind ja am Erodieren oder gleich gar nicht vorgesehen. Demgemäß ist die „Freiheit“, unter der Legalisierungen hierzulande verhandelt werden, auch nur die systemkonforme.

    Wer nun den Substanzkonsum (oder die Masturbation) therapiert, der für die Betroffenen vielleicht nur ein Mittel zur Leidenslinderung ist, behandelt dann tatsächlich nur ein Symptom oder eine Bewältigungsstrategie, keine Krankheitsursache.

    Tja, Onanie ist auch nur ein Mittel des Stressabbaus oder eben der Leidenslinderung wie Herr Schleim schreibt. Sie macht sicherlich weniger krank als ihr Verbot oder die so willkürliche wie oktroyierte Entfernung der Vorhaut („Beschneidung“) im (Klein)Kindalter, die die Betroffenen in der Onanieausübung erheblich einschränken kann. Aber bei Beschneidung wie Cannabis geht es eben, das wurde hier ja bereits in der Vergangenheit diskutiert, auch sehr stark um Medikalisierung und Profit. Vorhäute sind gern gesehen in der Zellkulturforschung und „Therapie“ von Suchtkonsum verschafft auch vielen Leuten Einkünfte und Arbeit…

  5. Ich möchte mich in aller Entschiedenheit gegen das Wichsen aussprechen.
    Haltet eure Hände schön über der Bettdecke,
    Die Lustbefriedigung zum reinen Selbstzweck führt zur Verweichlichung der Gesellschaft. Dann könnte man ja gleich alles tun was Spaß macht. Wartet bis der Russe kommt, aber dann wird es zu spät sein. Ihr werdet schon sehen.

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