LTI (Lingua Tertii Imperii), die Analyse der Sprache und der Unkultur des Nationalsozialismus, ist sowohl Geschichtsschreibung als auch ein Dokument ersten Ranges von der Selbstrettung eines Sprach- und Literaturwissenschaftlers in hoffnungsloser Zeit. Klemperer hat es sich bei seinem Überlebenskampf immer wieder selbst eingeschärft: »Beobachte, studiere, präge dir ein, was geschieht, halte fest, wie es eben jetzt sich kundgibt und wirkt.« Denn: »Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung da.«
Die Neuausgabe von Elke Fröhlich korrigiert auf der Basis der von Victor Klemperer autorisierten Ausgaben Irrtümer und Fehler, die sich im Lauf der Druck- und Erfolgsgeschichte von LTI eingeschlichen haben, bietet also einen verbesserten Text und erschließt in ihrem Kommentar sowohl den detailreichen zeitgeschichtlichen als auch den immensen Bildungshintergrund des Romanisten Klemperer zum besseren Verständnis seines großen Werks.
Victor Klemperer (1881–1960), Sohn eines Rabbiners, wurde als Professor für Romanistik von den Nazis 1935 in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Während der Kriegsjahre legte er mit seinen Tagebüchern den Grundstein für sein erfahrungsgesättigtes »LTI«.
Mit viel Glück überlebte er als zum christlichen Glauben übergetretener Jude mit seiner Frau den Feuersturm in Dresden und die drohende Deportation. In der unsicheren Nachkriegszeit verfasste er sein »LTI«, das 1947 erschien und schnell bekannt wurde. Klemperer lebte bis zu seinem Tode in der DDR, für die er sich nachdrücklich engagierte. Ab 1995 wurden unter dem Titel »Ich will Zeugnis ablegen (1933–1945)« seine Tagebücher veröffentlicht.