Die Würde des Menschen im Gesundheitssystem: Auf den ersten Blick ahnt der arglose Betrachter eines deutschen Krankenhauses oder einer deutschen Arztpraxis nicht, welche Problemfelder sich hinter diesen Worten verbergen. Im Ausgangspunkt scheint alles klar und deutlich. Ein Mensch ist krank, er leidet, er braucht medizinische Hilfe. Ärzte und Pflegepersonal, Apotheker und Therapeuten sind aufgerufen, ihn unter Achtung seiner Menschenwürde zu behandeln und zu heilen, notfalls den Sterbenden angemessen und möglichst schmerzfrei auf seinem letzten Weg zu begleiten. Doch das deutsche Gesundheitssystem ist weitaus komplexer, als es eine Krankenbehandlung je sein könnte. Es dient ganz zentral zur Legitimation des immer weiter um sich greifenden Sozialstaats. Seine Verwaltung, seine ökonomischen Interessen, seine politischen Machtkämpfe, seine planwirtschaftlichen Zwänge prägen inzwischen die gesamte Heilkunst und überlagern zunehmend ihr therapeutisches Zentrum, die Hinwendung des Helfenden zum Leidenden.
Carlos A. Gebauer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in Düsseldorf. Als Prozessvertreter, Publizist und Kongressredner sammelt er im Dialog mit Betroffenen seine Eindrücke.